Ich wählte Stämme aus, die sich von einander durch typische Merkmale unterschieden, und die besonders von der Lebensweise in der Großstadt entfernt waren: Nomaden in Mauretanien und Afghanistan, Urwaldbevölkerungen in Peru und in Neuguinea, Buschbewohner in Niger und Äthiopien, im Hochgebirge Lebende, in den Anden und in Guatemala.
Die Antwort auf die gestellte Frage übertraf weitgehend meine anfängliche Vorstellung: Es zeigte sich, daß etwas Ursprüngliches, das den verborgensten Tiefen des Wesens entstammt und das der Darstellung von Dingen vorangeht, allen Menschen gemein ist.
Die von Nomaden gebildeten Figuren sind die genau gleichen, wie die des Urwaldbewohners und wie diejenigen des Stadtkindes, weil diese Figuren vom genetischen Programm bestimmt sind, das Rasse, Klima, Kultur (jenseits aller äußerlichen, nachgeburtlichen Einflüsse) unbeachtend allen Menschen gemein ist.
Diese Universalität der Formulation geht unwiderlegbar aus den Tausenden von Blättern hervor, die ich von meinen Reisen mitbrachte.
Das Besondere an diesen Dokumenten liegt in der Art, wie sie entstanden. Ethnologen haben auch primitive Menschen zeichnen lassen. Jedoch unter Bedingungen, die der üblichen belehrenden Behandlung von Kindern ähnelt, indem sie Themen vorschlugen und das Dargestellte kommentierten oder vom Zeichenenden kommentieren ließen.
Ich behandelte die Menschen im Urwald und in der Wüste mit derselben respektvollen Zurückhaltung, wie die Malenden im Malort.
Arno Stern